Mystisch geträumt

…Als der Zug endlich über die Lagune fuhr, verspürte ich so etwas wie Faszination. Ich trat ans Fenster, blickte auf das Wasser, das unter der Nachmittagssonne geheimnisvoll funkelte, starrte auf die Dächer und goldenen Kuppeln der Stadt, die sich langsam aus dem Dunst schälten. Ein magisch betörendes Bild, das Venedig mir zur Begrüßung bot.
Mein Herz klopfte eigentümlich, während das Bootstaxi später durch den Canale Grande tuckerte. Um mich abzulenken, sah ich mir die bröckelnden Fassaden in blassen Rot-, Blau-, Gelb- und Weißtönen und die filigran verzierten Balkone der an mir vorbei gleitenden Palazzi an, lugte in kleine, versteckte Kanäle, die sich, von Bogenbrücken überspannt, in geheimnisvollem Dunkel verloren. Und überall, auf den Gassen und Brücken, entlang der Kanäle und in den Booten, sah ich sie, Gespenstern gleich: die Masken des Carnevale. Es waren unheimlich anmutende weiße Masken, deren Träger in tiefes Schwarz gehüllt waren, historische, graziöse, dämonische, bunte, lustige Gestalten und immer wieder die Figuren der Comedia dell Arte, der Alecchino, die Colombina und die Pulcinella. Einige standen da wie Denkmäler, andere liefen in buntem Treiben umher, gafften, rempelten, schrieen, lachten …
Es herrschte eine so mystische Atmosphäre, dass ich selbst nicht mehr wusste, ob es sich bei jenen Wesen um verkleidete Menschen handelte oder um Gespenster. Fast war ich mir sicher, dass ich einige von Venedigs echten Gespenstern für wirkliche Menschen hielt. Gespenster, die mir zunickten und deren Gruß ich erwiderte.