Frau Dünnhaut und Frau Blaublut
Sehen Sie sie? Da! Die beiden Damen. Am Fenster. Die Arme am Fensterbrett auf weiche Kissen aufgelegt, die Schultern von wärmenden Schaltüchern, selbstgehäkelt, umhüllt stehen sie und beobachten das bunte Treiben auf der Straße.
Viel ist los in jenen kalten Frühlingstagen. Vieles, worüber man reden, sich aufregen, sich echauffieren, sich einmischen könnte.
Die beiden Damen aber schweigen.
Sie schweigen lange.
“Ich mag sie nicht, diese kollektive Hatz!”, sagt Frau Dünnhaut schließlich leise.
“Jenes kollektive Schweigen, ist es besser?”, entgegnet Frau Blaublut, im Flüsterton fast.
“Beides hat seine Berechtigkeit.”
“Und jedes Ding seine zwei Seiten.”
Die Damen sehen sich an, betreten, aufgewühlt, ein bisschen durcheinander.
“Mir ist kalt”, murmelt Frau Blaublut schließlich, noch leiser. “Die Luft, sie ist so eisig.
“Dir ist immer kalt, meine Beste”, brummt Frau Dünnhaut. “Nomen est omen.”
Frau Blaublut nickt. Sie schweigt. Dabei hätte sie so vieles zu sagen.
Das macht fröstelig, wenn Blaublut nicht spricht …
schöner text … mich fröstelt … 🙂
kleine frage: bei: Vieles, worüber man reden, sich aufregen, sich echauffieren, sich einmischen könnte – ist für mein empfinden bei einmischen das „worüber“ das falsche wort, oder? man tut sich doch „in“ etwas einmischen, nicht „über“ etwas? – bin da gestolpert …
ach, ich hoffe für die beiden, dass es bald wärmer wird … und dass sie genug zu denken, zu fühlen und zu reden haben, nicht zu viel und nicht zu wenig.
herzlich, soso
Ihr ist fröstelig …
Die Zeiten sind es.
sollte ich es mir je leisten können, dürfte ich dich dann als lektorin engagieren, liebe soso?
dank dir fürs „stolpern“. du hast recht und ich hatte den tunnelblick beim schreiben. wie formuliere ich das geschickt um, so, dass die fröstelige melodie erhalten bleibt? ich grüble …
ein lächeln zu dir und ein augenzwinkern
elke