Stille
Auf der Suche nach der Weihnachtsstille kam der Mann in eine Stadt. Autos, Busse und Lastwagen rasten an ihm vorbei, Motoren dröhnten, Reifen quietschten, Hupen heulten auf. In den Straßen drängelten sich murrende, schimpfende Leute und aus den Geschäften plärrten Weihnachtslieder.
„Wo ist die Weihnachtsstille?“, wollte der Mann fragen. Er ließ sich von den Massen treiben und landete in einem Kaufhaus. Bunt war es hier und grell. Geblendet schloss er die Augen. Wie laut es war! Leute stritten, Kinder quengelten, Mütter schimpften, Verkäufer riefen einander Zahlen zu, Lautsprecherstimmen priesen Sonderangebote an, Kassen klingelten, Musik dudelte.
Der Mann stöhnte. Der Kopf tat ihm weh. ‚Weg, dachte er, schnell weg hier!’ Wo war Weihnachten? Wo die Weihnachtsstille? Gerne hätte er jemanden danach gefragt, aber er wollte nicht stören. Eilig verließ er das Kaufhaus und wanderte stadtauswärts. Er bog in einen Feldweg ein, ging über Felder und Wiesen. Es schneite. Leise knirschte der Schnee unter seinen Füßen, und je weiter er lief, desto stiller wurde es, so still, dass er glaubte, die Schneeflocken fallen zu hören. Der Mann atmete auf. Schön war das. Irgendwo werde ich sie doch noch finden, die Weihnachtsstille, dachte er und lief weiter. Er lief und lief und fühlte sich gut. Er traf auch niemanden, den er fragen konnte.
…Leise knirschte der Schnee unter seinen Füßen, und je weiter er lief, desto stiller wurde es, so still, dass er glaubte, die Schneeflocken fallen zu hören…
Das hat mich berührt – ein Bild im Kopf und Gänsehaut. Danke für diese wundervolle Geschichte.
Lieben Gruß, Gerda
auch mich berührte jene stelle (stille) in elkes text ganz besonders…
nunja, ein wichtiges thema, liebe elke, dass du hier anschneidest, denn verglichen mit jenem stillen ereignis in bethlehem zu weihnachten haben wir ja insbesondere in den städten mit all dem bunten treiben auf den weihnachtsmärkten und in den kaufhäusern die megalaute megahetze…
auch da(nn) noch, oder: selbst da(nn)…
dein eintrag ist zauberschön…
liebe grüße!
ich glaube er kommt zu mir .. da ist es so still und wunderschön ♥
vielleicht ist er schon angekommen? 😉
psssst! …
danke, lu!
und ja: selbst dann. oder: gerade dann.
umdenken.
entschleunigen.
genießen.
leben.
nur so.
lieber gruß zu dir
elke
Danke für deine lieben Worte. Kritiken dieser Art bauen auf. Ungemein sogar.
Lieber Gruß zu dir
Elke
Mit deinen Worten hast du es geschafft, dasss ich mir genau vorzustellen kann, wie der Mann sich deutlich wohler fühlte, als er in den Feldweg abbog. Schön geschrieben ist es- finde ich.
Madi
es fällt den heutigen menschen SEHR schwer ihr leben im hamsterrad zu entschleunigen…
gestern mittag ZWANG ich förmlich einen freund dazu und nahm ihn mit zu einem kleinen orgelkonzert in die kirche…
sein handy MUSSTE er in der tasche lassen, DAS verlangte ich!
innerhalb weniger minuten schlief er kurz ein…
hinterher umarmte er mich und dankte mir…
das war eine gute tat, lu!
weißt du eigentlich, wie schwer es ist, von 100 auf 0 abzuschalten?
es geht nicht und wenn man sich zwingt, fühlt man sich elend und krank.
es ist wie ein kalter entzug.
demnächst werde ich mich ihm auch ausliefern, diesem entzug. allerdings scheibchenweise, der seele zuliebe.
danke fürs erzählen. es hat mir noch mal einen anstoß gegeben.
lieber gruß zu dir
elke